Newsletter & Kolumnen von Avanti Papi


Kolumne MännerZeitung März 2012

Lebe jeden Tag, als wäre er dein letzter.
Live fast, die young.
Wer mit dem Strom schwimmt, schwimmt bergab.

Wie wahr.

Was aber, wenn mein Ziel das Meer ist? Was, wenn ich meine Kinder aufwachsen sehen möchte, mich auf die Enkelkinder freue und daher lieber langsam und gemütlich, dafür etwas länger leben will? Was, wenn ich Zahnweh habe und mein Zahnarzt gerade jeden Tag so lebt, als wäre es sein letzter und entsprechen nicht in der Zahnarztpraxis anzufinden ist?
Ich gebe zu, mein Leben ist ziemlich beschränkt. Beschränkt durch den Elfjährigen, dem ich bei den Hausaufgaben helfen muss, eingegrenzt durch den Achtjährigen, dem ich abends noch Gutenachtgeschichten erzähle und limitiert durch die Zweijährige, ach, das aufzuzählen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, aber jeder engagierte Vater weiss, wovon ich spreche.
Auf dass mich niemand falsch verstehe. Ich jammere nicht, denn diese Grenzen habe ich selbst gewählt und ich möchte auch mit niemandem tauschen, der gerade Barfuss zum Nordpol wandert, free-solo den Primetower erklimmt oder Patagonien mit einem Fahrrad und Klavier im Anhänger durchquert, immer auf der Suche nach den eigenen Grenzen und fotogenen Motiven, damit andere, welche nur von Grenzerfahrungen träumen, während sie vielleicht unseren Müll entsorgen, unsere Strassen wischen oder unsere Nahrung anpflanzen, diese dann an einem Multimediavortrag im Volkshaus in Zürich bestaunen können.
Grenzen zu überwinden kann eine wunderbare Erfahrung sein, doch dazu muss ich weder alleine durch die Wüste, noch im Team auf irgendeinen Berg klettern. Es würde genügen meinen Sitznachbarn im Tram ehrlich nach seinem Befinden zu fragen oder mit meiner Herzallerliebsten offen über meine Bedürfnisse und Ängste zu sprechen.

Darum halte ich es lieber mit Diogenes, Niklaus von der Flüe oder anderen, welche ihre äussere Welt beschränkten um sich innerlich zu befreien.
Oder, um es mit den Worten der viel zu früh verstorbenen, weil zu schnell gelebten Janis Joplin auszudrücken: Freedom just another word for nothing left to loose.

<< Zurück zur vorherigen Seite