Kinder, Kühe, Politik
AvantiPapi, die Organisation der progressiven Väter in der Schweiz erhält neu eine Rubrik in der Männerzeitung. Wir nutzen sie dazu, unsere Forderungen, Positionen und Bemerkungen zur aktuellen Politik zu formulieren.
Lassen Sie mich mit letzterem beginnen: Mit Ueli Mauer haben wir einen sehr aktiven Vater als Bundesrat gewonnen. Ob er allerdings zu den progressiven Vätern gezählt werden kann, ist für uns im Moment fraglich. Maurer ist der Ansicht, dass die Frau eine natürlichere Verbindung zum Kind habe, als der Mann, denn: „Um das Kalb kümmert sich ja auch die Kuh und nicht der Stier“. Die Begründung macht uns stutzig und ist aus zwei Gründen problematisch:
1. Das soziale Verhalten von Menschen und Tieren ist nicht zu vergleichen. Menschen können, im Gegensatz zu Tieren, ihre Gedanken in die Zukunft projizieren und somit ihr Verhalten absichtlich ändern. Dies können Kühe nicht. Oder einfacher gesagt, der Stier kann sich nicht um die Kälber kümmern, weil er es nicht wollen kann (er kann es sich nicht einmal verstellen). Wir Männer können uns aber aussuchen, wie stark wir uns für unsere Kinder engagieren wollen oder nicht und ausser Stillen können wir alles, was Frauen auch können.
2. Selbst wenn wir die Sache biologisch betrachten, liegt Ueli Maurer mit seiner „Bauernweisheit“ ganz falsch. Wissenschaftler des National Institute of Health in Bethesda, Maryland haben herausgefunden, dass bei Kleinkindern Endorphine, d.h. Glückshormone ausgeschüttet werden, wenn sie von einer Bezugsperson umarmt werden. Diese unterstützen die Bindung, bzw. stellen sogar eine gewisse Abhängigkeit her. Dabei ist es laut Oskar Jenni, Leiter der Abteilung Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich unerheblich, ob es sich um die Mutter, den Vater oder eine andere Bezugsperson, die das Kind gut kennt, handelt. Selbst in der Tierwelt gibt es bei den uns nahe stehenden Affen einige Beispiele, bei denen die Männchen die Aufzucht übernehmen. Bei den Siamang-Affen, einer speziellen Art der Gibbon-Affen, übernehmen die Männchen die Obhut über den Nachwuchs. Sie tragen die Neugeborenen und kümmern sich um die Fütterung.
Fazit: Es mag durchaus sein, dass Ueli Maurer sich, durch seinen Beruf bedingt, den Kühen näher fühlt als den Affen, evolutionär betrachtet ist es aber eher umgekehrt.
Seine Aussage entbehrt also jeglicher wissenschaftlichen Grundlage und es bleibt zu hoffen, dass er seine Kinder im Krankheitsfall nicht zum Tierarzt schickt.
Folgt jetzt auf die Ausländerpolitik mit dem Schaf die Familiepolitik mit der Kuh? Das wäre mehr als bedauerlich. Viel mehr würden wir uns wünschen, dass Maurer als aktiver Vater für eine Familienpolitik einsteht, die den Namen verdient – und hier ist noch viel zu holen:
Die Schweiz ist weltweit ganz vorne dabei, wenn es darum geht, die Familie aus der Politik auszuklammern. Wenn überhaupt, kommt sie nur in finanzpolitischen Diskussionen vor.
Daher fordert Avanti Papi / Progressive Väter Schweiz schon seit langem die Schaffung eines Bundesamtes für Familien. Während es im Departement des Inneren (EDI) Bundesämter für Gesundheit, Kultur, Statistik oder Meteorologie gibt, scheint sich niemand für die Anliegen der Familien verantwortlich zu fühlen. Selbst dem Veterinärwesen wird mehr Aufmerksamkeit (bzw. ein eigenes Bundesamt) geschenkt als den Familien, was den Verdacht nahe legt, dass Kühe (schon wieder!) den Schweizer Behörden wichtiger sind als Kinder.
Die meisten Länder Europas führen ein Familienministerium. Dies führt oft zu einer konkreten Besserstellung der Familien, wie z.B. fortschrittlichere Regelungen für den Elternurlaub oder stärkere Steuerentlastungen für Familien.
Es ist an der Zeit, dass sich die Bundesverwaltung der Anliegen der Familien in der Schweiz mittels der Schaffung eines Bundesamtes für Familien ernsthaft annimmt.
Eine gute Gelegenheit diese Forderung an die Öffentlichkeit zu tragen, ist der Vätertag, welcher dieses Jahr am 7. Juni stattfindet. Gesucht werden noch Helfer, Organisatoren, Protagonisten, Künstler und Aktivisten welche mithelfen wollen, den Vätertag 09 zu gestalten. Bitte meldet euch bei info@avanti-papi.ch