Newsletter & Kolumnen von Avanti Papi


Kolumne "Fritz und Fränzi" August 2009

„Hei, ist der süss!“ Oft hört man solche Ausrufe des Entzückens, wenn Grosis ihre Enkel sehen. Doch könnte dieses Kompliment fast genauso oft dem Schleckstengel gelten, welchen der Enkel vom Grosi bekommen hat. Das Bekunden der Kinderliebe mit Süssigkeiten war mir noch nie geheuer. Doch richtig aufgeschreckt wurde ich durch einen Artikel, der laut WHO besagt, dass in der westlichen Welt heute eine Generation heranwächst, die wegen falscher Ernährung und Bewegungsmangel eine niedrigere Lebenserwartung hat als ihre Eltern. So entstand die Idee zu unserer berühmt-berüchtigten «zuckerfreien Woche». Die Regeln sind denkbar einfach: Eine Woche lang keine Nahrungsmittel zu sich nehmen, denen Zucker zugesetzt wurde. Alles, was von Natur aus Zucker enthält, ist nach wie vor erlaubt. Nichts leichter als das, wird der geneigte Leser nun sagen, und ich muss gestehen, dass auch ich so dachte.
Die erste Hürde war jedoch ein Besuch beim Grosi, welcher mich umgehend dazu brachte, die «zuckerfreie Woche» um einen Tag zu verschieben. Danach ging es zwei Tage ganz gut, bis wir mit unseren Nachbarn in eine Pizzeria gingen. Dort war ich es, der in die zweite Zuckerfalle tappte: ein Panache! Bier ist wohl zuckerfrei, nicht aber das beigemischte Citro (etwa 7 Würfelzucker pro Stange!). Ganz stolz war ich aber dann, als meine beiden Jungs auf ein Dessert verzichteten und die Schöggeli, welche sie vom überschwänglich netten italienischen Personal bekommen hatten, zu Hause brav in einer Schublade versorgten. Allerdings musste ich mit ihnen abmachen, dass es nach der «zuckerfreien Woche» einen Jokertag gibt, an welchem sie die in der Schublade gesammelten Süssigkeiten essen dürfen; zum Glück lassen sich Glace im Sommer nicht in einer Schublade lagern.
Das Resultat der Woche war auf den ersten Blick eher unspektakulär. Weder haben wir abgenommen, noch wurden wir ruhiger (übermässiger Zuckerkonsum soll ja bekanntlich unruhig machen). Bestimmt haben wir aber gesünder gelebt. Vor allem war für mich interessant, einmal darauf zu achten, wo überall Zucker zugesetzt wird. Dass eine Dose Cola, Fanta oder Rivella 15 Würfelzucker enthält, wusste ich schon, aber dass auf 10 Gramm Ketchup ein Würfelzucker kommt, war mir zum Beispiel nicht bewusst.
Ich selbst bin mit Fast- und Fertigfood aufgewachsen und habe mich erst nach der Geburt unseres ersten Kindes – dank der Motivation meiner Frau – mit dem Thema gesunde Ernährung auseinandergesetzt. Das ging so weit, dass ich bei besagtem Grosi einen Kochkurs absolvierte und ihr dafür den Umgang mit E-Mail und Internet beizubringen versuchte. Dabei scheint sich ein weiteres Generationenproblem zu offenbaren, denn noch nie habe ich eine Mail vom Grosi erhalten. Und ich ziehe die Rezepte von www.waskochen.ch der bodenständigen Aargauer Küche vor.
Ein weiterer Nebeneffekt der «zuckerfreien Woche» war übrigens, dass die Schoggi am Jokertag viel besser schmeckte! So empfehle ich die zuckerfreie Woche zur Nachahmung und höre trotzdem auf den guten Rat meiner Frau, den erhobenen Zeigefinger nicht moralisierend zum Himmel, sondern lieber tief ins Nutellaglas zu stecken.

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