Newsletter & Kolumnen von Avanti Papi


Kolumne "Fritz und Fränzi" August 2008

Neulich fragte mich die Mutter eines Klassenkameraden meines Sohnes: «Geht ihr morgen zu Fuss oder mit dem Velo zum Schultheater?» Ich antwortete: «Eher zu Fuss, aber was denn für ein Theater?» Meine Frau und ich sind unterdessen bekannt für unsere etwas chaotische Terminplanung. Wir sind beide zu 50 Prozent erwerbstätig und teilen uns entsprechend auch die Familien- und Hausarbeit, was einiges an Organisation bedarf. Oft gehen wir stillschweigend davon aus, dass der andere schon schaut ... Und so sind wir oft spät dran, zum Glück aber meist rechtzeitig zur Stelle. Dass es dabei auch mal hektisch wird, ist klar, wobei ich meist ruhig bleibe, was meine Frau nervt. Zum Glück sind wir uns aber in Erziehungsfragen weitgehend einig, wenn wir auch unterschiedliche Stile haben. Für die Kinder ist meine Präsenz als Vater sehr wichtig. Gerade meinen beiden Jungs bin ich eine wichtige Identifikationsfigur. Die oft beklagte Verrohung der Jugend hat wohl auch mit der mangelnden Präsenz vieler Väter zu tun. Dabei braucht es gar nicht viel, um als Vater ein gutes Vorbild zu sein. Letzte Woche beispielsweise spielten meine beiden Jungs mit anderen Kindern Fussball. Nach einer Weile kamen sie zu mir, um sich über einen Jungen zu beschweren, der sie anscheinend beschimpft und bedroht hatte. Ich ging also mit ihnen raus und sagte dem fremden Jungen klipp und klar, das gehe so nicht. Zehn Minuten später ging ich nochmals hinaus, um mich zu vergewissern, dass alles friedlich lief. Ich nahm den Jungen nochmals beiseite und bildete mit ihm und einem weiteren Knaben eine Mannschaft. Wir spielten noch 20 Minuten. Diese Art, präsent zu sein, ist mir sehr wichtig: nicht nur eingreifen, sondern auch integrieren. Dies gilt auch zu Hause. Nicht nur Regeln setzen, sondern sich auch Zeit nehmen für die Kinder. Präsent zu sein, heisst, Zeit zu haben, und die fehlt den Vätern von Berufs wegen oft, denn nur sehr wenige Väter arbeiten in der Schweiz Teilzeit. Meist ist es sogar so, dass Väter mehr als 100 Prozent arbeiten, obwohl es vom Gesetz her nicht erlaubt ist, Angestellte mit Familienpflichten zu Überstunden zu verpflichten (Arbeitsgesetz OR Art. 36, Abs. 2). In der Schweiz werden jährlich mehr als 170 Millionen Überstunden geleistet, was 90 000 Vollzeitstellen entspricht. Männer leisten im Schnitt jährlich 62 Überstunden. Wie viel wäre schon gewonnen, wenn Väter diese Zeit mit ihren Kindern verbringen könnten?

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